Wo Kriecherei herrscht, hat Innovation kaum eine Chance

EZRA
Jun 08 2021 | Einblicke
Woman and man in meeting.

Nichts ist so innovations- und motivationshemmend für ein Team wie die Tatsache, dass Speichelleckerei und Narzissmus zur alltäglichen Norm im Umgang zwischen Mitarbeitern und Führungskräften werden. Ezra beschäftigt sich mit den Gefahren dieser Führungsdynamik und damit, wie verhindert werden kann, dass sie in einem Unternehmen Wurzeln schlägt. 


Früher oder später werden die meisten von uns es einmal mit den Auswirkungen des Speichellecker-Phänomens zu tun bekommen. 

Die meisten Menschen wissen, wie es ist, in einem Team zu sein, dessen Führungskraft ständig die falschen Entscheidungen trifft. Nicht selten wird diese Führungskraft von einer Mehrheit der Teammitglieder immer wieder nickend und lächelnd ermutigt und jede falsche Entscheidung wird mit zunehmendem Enthusiasmus gefeiert. 

Diese Teammitglieder bezeichnen wir als Speichellecker, auch wenn es für sie noch viele andere mehr oder weniger freundliche Bezeichnungen gibt: Kriecher, Schleimer, Schmeichler, Streber, Stiefellecker oder gar Arschkriecher. 

Egal welchen farbenfrohen Begriff man bevorzugt: Es geht um Personen, die blinde Loyalität über alles stellen und sich unterwürfig gegenüber allen verhalten, die eine Autoritätsposition innehaben. Ebendarum tragen Speichellecker dazu bei, toxische und verantwortungslose Führungsmuster zu verfestigen, da sie sich ihnen nicht widersetzen, sondern sie bereitwillig mittragen. 

Was sind die Auswirkungen des Speichellecker-Phänomens? 

Dass ein hauptsächlich aus Speichelleckern bestehendes Team nur dysfunktional sein kann, liegt auf der Hand. Doch die Auswirkungen des Speichellecker-Phänomens für ein Unternehmen reichen deutlich tiefer und die Kosten sind erheblich höher. 

Zunächst einmal leidet die Innovation. Die innovativsten Unternehmen erweisen sich als diejenigen mit klar definierten Grundwerten. Werte wie ein starkes Mitarbeiterengagement,ein starker Fokus auf die Zusammenarbeit und eine konstante Priorisierung der Kundenbedürfnisse stehen im Mittelpunkt und die Führungskräfte stehen mit Überzeugung für eine Fail-Fast-Kultur ein, in der Fehler nicht als Rückschläge gelten, sondern als Schritt auf dem Weg zur Innovation. 

Die Innovation ist nicht das Einzige, was durch Speichelleckerei auf der Strecke bleibt. Wenn sich das Phänomen im Unternehmen ungehindert verbreitet, kann es letztlich eine ungesunde oder gar toxische Unternehmenskultur schaffen. 

Häufig herrscht in einem solchen Unternehmen eine hohe Mitarbeiterfluktuation, da talentierte Köpfe aus Teams fliehen, die durch kriecherisches Verhalten nach unten gezogen werden. Es frustriert sie, zu beobachten, wie Personen, die die Ideen einer Führungskraft ständig loben oder unterstützen, gegenüber denen mit entgegengesetzten Ansichten immer wieder bevorzugt behandelt werden. Diese Frustration kann zu Motivationslosigkeit, Depressionen und letztendlich der Entscheidung führen, das Unternehmen zu verlassen. 

Wenn diese Personen kündigen, wird es für das Unternehmen schwieriger, andere Top-Performer zu gewinnen, die vielleicht bereits über ihre Netzwerke oder soziale Medien erfahren haben, dass man in diesem Unternehmen nur mit blinder Loyalität und Willfährigkeit vorankommt. 

Auch bei Korruption im Unternehmen spielt das Speichellecker-Phänomen eine zentrale Rolle. Der Autor und Consultant Max McKeown argumentierte, dass solche Personen in Unternehmen bereit sind, „alles Fragwürdige, Unethische oder Illegale zu übersehen, solange sie selbst in ihrer Position bleiben und einen Teil der Macht innehaben können“. 

Speichellecker und Narzissten – eine symbiotische Beziehung

Wer über Speichellecker spricht, sollte nicht die Personen ignorieren, die ihre unerschöpfliche Fähigkeit zum Katzbuckeln und zur Schmeichelei benötigen: Narzisstische Führungskräfte. 

Narzisstische Führungskräfte sehnen sich nach ständiger Aufmerksamkeit und Applaus. Häufig rechnen sie sich mehr Verdienste an, als ihnen zustehen. Sie rekrutieren und fördern Speichellecker mit größerer Wahrscheinlichkeit, damit ihr ständiges Bedürfnis nach Anerkennung gestillt wird. 

Es ist ein Teufelskreis. Narzisstische Führungskräfte sehnen sich nach Anerkennung und Schmeichelei. Damit sie diese auch wirklich bekommen, umgeben sie sich mit Menschen, die all ihren Worten und Handlungen applaudieren, um im Unternehmen eigene Vorteile zu erlangen. 

Doch diese typische Ausprägung des Phänomens – unterwürfige Angestellte, die sich einen Vorsprung verschaffen möchten, indem sie Führungskräften schmeicheln – erfasst noch nicht alle Motivationen von Speichelleckern. 

Nicht selten teilen diese Wegbereiter selbst einige der Eigenschaften, die ihre narzisstischen Führungskräfte antreiben. Dazu gehört insbesondere eine Sucht nach Lob, das sich viele Speichellecker davon erhoffen, sich ihren Führungskräften ständig zu fügen. 

Brad Bushman, Professor für Psychologie und Kommunikation an der Ohio State University, sagt, seine Forschungen hätten gezeigt, dass Speichellecker genau wie manche Narzissten „lieber einen Schub für ihr Selbstwertgefühl bekommen als Geld zu erhalten, ihre Lieblingsspeise zu essen oder ihre besten Freunde zu sehen. Sie können einfach nicht damit aufhören, nach Lob zu streben. Es hat einen Suchtcharakter.“ Doch auch das erklärt noch nicht alle möglichen Motivationen hinter speichelleckerischem Verhalten. 

Unterwürfigkeit – die neueste Sucht 

Viele Menschen glauben, dass Speichellecker tun, was sie tun, um sich einen Karrierevorsprung zu verschaffen. Es stimmt, dass Personen, die ihren Führungskräften ständig schmeicheln oder mit jeder ihrer Entscheidungen einverstanden sind, eher Beförderungen und andere Vorteile bekommen. 

Psychologen und Neurowissenschaftler haben lange versucht, die genauen Ursachen für diese Art von Verhalten herauszufinden. Was treibt manche Menschen so stark zum Schmeicheln an, dass sie niemals kritische Gedanken oder Feedback äußern? 

Die Wissenschaft findet zunehmend Belege dafür, dass Speichellecker genauso stark von einer pathologischen Angst davor angetrieben werden, jemandem zu widersprechen, wie von dem Bedürfnis nach Lob oder der strategischen Überzeugung, dass ein ständiges unterwürfiges Verhalten ihnen einen Karrierevorteil verschafft. 

In einer Studie von 2016 haben australische Forscher mit einem funktionellen MRT die Bereiche des Gehirns abgebildet, die am stärksten reagierten, wenn eine Person gezwungen war, einer Idee oder Aussage zu widersprechen. Die Studie ergab: Wenn Personen, die dafür prädisponiert waren, Meinungsverschiedenheiten zu vermeiden, mit Aussagen konfrontiert waren, die sie zum Widerspruch zwangen, dies Aktivitäten in den gleichen Hirnbereichen auslöste wie beim Erleben von kognitiver Dissonanz. 

Für den Uneingeweihten: Bei kognitiver Dissonanz handelt es sich um einen akuten unangenehmen Gefühlszustand, der entsteht, wenn eine Person zwischen zwei unterschiedlichen oder widersprüchlichen Überzeugungen hin- und hergerissen ist oder etwas tut, das im Kontrast zu ihren Denkweisen oder Überzeugungen steht. „Wenn es jemandem wegen einer erhöhten kognitiven Dissonanz-Reaktion extrem schwerfällt, jemandem zu widersprechen, kann dies ein Hinweis auf eine Reihe von emotionalen, einstellungsbezogenen oder sozialen Problemen sein, die die Fähigkeit einer Person beeinträchtigen, autonome Entscheidungen zu treffen“, erläuterten die Autoren der Studie. „Dies kann zu schlechten Entscheidungen, Ängsten oder Schwierigkeiten in zwischenmenschlichen Beziehungen führen.“ 

Mit anderen Worten: Einige von uns sind so veranlagt, dass sie Einigungen anstreben und Konflikte vermeiden, weil sie nicht über die psychologische Stärke verfügen, Konflikte oder Meinungsverschiedenheiten zu verarbeiten. Während sich also manche Menschen kriecherisch verhalten, um Vorteile zu erzielen, tun andere dies nur, weil sie das Gefühl eines Konflikts mit Teammitgliedern oder Führungskräften schwer ertragen können. 

Das (narzisstische) Huhn und das (speichelleckerische) Ei: Wie man die Entstehung einer toxischen Beziehung verhindert 

Es ist nicht einfach, herauszufinden, wo man damit beginnen sollte, gegen das Speichellecker-Phänomen vorzugehen. Die Co-Abhängigkeit zwischen einer narzisstischen Führungskraft und der ihr sich anbiedernden Person ist so groß, dass es wenig sinnvoll ist, nur eine Seite des Problems anzugehen. 

Alle Bemühungen, ein Unternehmen von Speichelleckern zu befreien, müssen zwangsläufig damit beginnen, narzisstisches Verhalten unter Führungskräften zu reduzieren. Das Fördern von bewährten Praktiken im Führungsbereich sollte Führungskräfte nicht nur darauf aufmerksam machen, wenn sie unbewusst eine Abhängigkeit von der Affirmation durch sie umgebende Schmeichler entwickelt haben, sondern ihnen auch beibringen, wie sie speichelleckerisches Verhalten erkennen und andere davon abbringen können. 

Ein guter Startpunkt sind Entwicklungsprogramme, die untersuchen, welche Art von Führungsstil in einem Unternehmen gefördert wird. Doch welcher Führungsstil hilft dabei, Ihr Unternehmen gegen Speichelleckertum immun zu machen? Hier kommen bewährte Praktiken für die Führung ins Spiel. 

Kurz gesagt: Führungskräfte, deren Führungsstile sich eher im von Psychologen als kollaborativ, beratend oder „demokratisch“ definierten Spektrum der Führungsstile bewegen, benötigen Schleimerei mit geringerer Wahrscheinlichkeit, da sie nicht erwarten, die alleinige Quelle von Ideen oder Entscheidungen im Team zu sein. Sie brauchen keine Ja-Sager, die keine eigenen Ideen beitragen. 

Führungskräfte mit einem eher autoritären oder auf Zwang basierenden Stil hingegen empfinden eine gewisse Zahl an Speichelleckern oft als sehr komfortabel, während sie ihrem Team Vorschriften machen. 

Die Frage bleibt: Wie lassen sich Führungsstile und Verhaltensweisen fördern, die Narzissmus und das Entstehen von Teams aus Speichelleckern verhindern? Hier kommt ein Coaching-Mindset ins Spiel. 

Das Coaching-Mindset: Kryptonit für Speichellecker 

Die International Coaching Federation, eine führende Zertifizierungsstelle für professionelle Führungscoaches, hat lange daran gearbeitet, das Mindset zu beschreiben, mit dem Coaches ihre Kunden beim Erreichen ihrer Ziele unterstützen können. Doch ein Coaching-Mindset kann auch auf den Führungsbereich angewendet werden. 

Als Führungskraft ein „Coaching-Mindset“ anzuwenden bedeutet, Verantwortung zu übernehmen und Lernen und Entwicklung zu begrüßen, ohne Lösungen vorzugeben. Stattdessen werden alle dazu eingeladen, Teil dieser Prozesse zu sein. Führungskräfte, die ähnlich wie Coaches arbeiten, zeigen außerdem die Grundmerkmale emotionaler Intelligenz: Mitgefühl, Empathie und Selbstkenntnis. 

Herminia Ibarra, Professorin für Organisationsverhalten an der London Business School, und Anne Scoular, Associate Scholar an der University of Oxford, haben es in einem kürzlich erschienenen Artikel im Harvard Business Review vielleicht am besten zusammengefasst: 

„Manager können nicht mehr einfach nur befehlen und kontrollieren. Genauso wenig haben sie Erfolg, indem sie Teammitglieder hauptsächlich dafür belohnen, Dinge einwandfrei zu erledigen, von denen sie bereits wissen, wie sie funktionieren“, schreiben sie. „Stattdessen müssen sie sich mit voller institutioneller Unterstützung als Coaches neu erfinden, deren Aufgabe es ist, Energie, Kreativität und Lernprozesse in den Menschen anzuregen, mit denen sie arbeiten.“ 

Es liegt auf der Hand, dass eine verantwortungsvolle, emotional reife Führungskraft mit Coaching-Mindset dazu beitragen kann, dass Unternehmen für den schleichenden Einfluss von Narzissten und Speichelleckern weniger anfällig sind. 

Ein Coaching-Mindset wirkt nicht nur Führungsstilen entgegen, die zur Brutstätte von Speichelleckern werden, sondern dient auch Führungskräften, die Speichellecker in ihren Teams entdeckt haben, als Gegenmittel. Doch der wichtigste Punkt ist vielleicht, dass das Coaching sowohl Führungskräften als auch ihren Untergebenen hilft, mit ihrer Angst vor Kritik und ihrem unstillbaren Hunger auf positive Bestätigung umzugehen. 

Führungskräfte können einen Coaching-Mindset in ihrer eigenen Arbeit entwickeln, indem sie mit einem Führungscoach zusammenarbeiten oder sich gezielt über verschiedene Quellen als Coach weiterbilden. Egal, welche Vorgehensweise gewählt wird: Das Ziel besteht darin, bessere Führungskräfte zu schaffen, die bewährte Praktiken einer effektiven Führung einschließlich eines Coaching-Mindsets demonstrieren können. 

Das destruktive Potenzial von narzisstischen oder speichelleckerischen Dynamiken ist schwer zu überwinden, wenn es sich einmal tief in der Unternehmenskultur verwurzelt hat. Doch diese Verwurzelung kann verhindert werden, indem bessere Führungsstile gefördert und Führungskräfte mit Tools wie Coaching unterstützt werden. 

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