Welcher Führungsstil ist der beste für ein Unternehmen?

EZRA
Apr 21 2021 | Einblicke

Gibt es wirklich eine Möglichkeit, den „besten“ Führungsstil für ein Unternehmen herauszufinden? Wir haben einen Blick auf die gängige Terminologie, die Schlagworte und die bekannten Erfolgsgeschichten geworfen, um herauszufinden, was davon wirklich den Tatsachen entspricht und was nicht. 


Der Begriff „Führungsstil“ ist im Bereich der Talententwicklung zu einem dieser Konzepte geworden, mit denen jeder etwas anfangen kann, die aber nur sehr wenige wirklich verstehen. Er ist zu einem Begriff geworden, der so unklar ist, dass kaum jemand erklären kann, was er wirklich bedeutet. 

Sogar Führungskräfte haben Schwierigkeiten, Stil genau zu definieren. Die Suche im Internet nach Zitaten berühmter Führungspersönlichkeiten zu der Frage, was „Führungsstil“ im praktischen Kontext bedeutet, ist ein mühsames Unterfangen. Da wird man enttäuscht sein. 

Wenn man alle Zitate der größten Führungspersönlichkeiten des 20. und Anfang des 21. Jahrhunderts zum Thema Führung durchgeht, wird man nicht viele finden, die sich direkt auf die Frage des Stils beziehen. 

Der Mitbegründer von Apple, Steve Jobs, einer der meistzitierten Wirtschaftsführer aller Zeiten, konnte uns etwas über die Bedeutung von Teams für den Unternehmenserfolg erzählen, darüber, wie man sich inspirieren lassen kann, um neue Dinge zu schaffen, und wie man mutig und ohne Angst neue Ideen verfolgen kann. 

Aber was hatte Jobs zum Thema Führungsstil zu sagen? Ehrlich gesagt, sehr wenig. Aber das hielt diejenigen, die seine steile Unternehmenskarriere verfolgten, nicht davon ab, sich dazu zu äußern. 

Der Journalist und Professor Walter Isaacson hatte wahrscheinlich mehr Einblick in das Phänomen Jobs als jeder andere. Seine autorisierte Biografie über Jobs wurde nur wenige Wochen nach dem Krebstod des legendären Unternehmensführers veröffentlicht. Im darauffolgenden April veröffentlichte er in der Harvard Business Review einen langen Artikel, der wohl die umfassendste Analyse nicht nur dessen enthielt, was Jobs geleistet hatte, sondern auch, wie es ihm gelungen war. 

Was für einen Führungsstil hatte Jobs? Isaacson räumt ein, dass er manchmal ein Diktator, ein Tyrann und ein bockiges Kind sein konnte, aber er war auch schnell bereit, Anerkennung und Erfolg mit den Menschen in seinem Umfeld zu teilen. 

Decorative image that looks like quotation marks

„Jobs war während seiner gesamten Karriere hungrig und töricht, indem er dafür sorgte, dass der geschäftliche und technische Aspekt seiner Persönlichkeit immer durch seine hippieartige und nonkonforme Seite aus seiner Zeit als künstlerischer, LSD-berauschter, nach Erleuchtung suchender Rebell ergänzt wurde“, schrieb Isaacson in der HBR. „In jedem Aspekt seines Lebens – den Frauen, mit denen er ausging, der Art und Weise, wie er mit seiner Krebsdiagnose umging, der Art und Weise, wie er sein Unternehmen führte – spiegelte sein Verhalten die Widersprüche, das Zusammentreffen und die letztendliche Synthese all dieser verschiedenen Stränge wider.“ 

Zu diesem Zeitpunkt hatten bereits Dutzende von Nachrichten- und Branchenpublikationen sehr eilig wenig schmeichelhafte Kritiken über Jobs‘ Führungsstil veröffentlicht. Business Insider veröffentlichte sogar einen Artikel mit der Überschrift „16 Examples of Steve Jobs Being A Huge Jerk“ („16 Belege dafür, dass Steve Jobs ein echter Vollidiot war“). Die Liste enthielt Geschichten, einige davon aus Isaacsons Buch, in denen Jobs Mitarbeiter, Investoren, Kunden und Zulieferer anschrie, schikanierte, beleidigte und anderweitig beschimpfte. 

Jobs ist vielleicht eines der besten Beispiele dafür, dass wir nicht in der Lage sind, einen bestimmten Führungsstil zu identifizieren, der typisch für ein erfolgreiches Unternehmen ist. Und das belegt ungewollt eine der Grundgegebenheiten von Führung: Es gibt keinen bestimmten Führungsstil, der für jeden funktioniert. 

Die komplizierte Entwicklung von „Stil“ 

Ein Teil des Problems mit dem gesamten Konzept von Führungsstil ist, offen gesagt, das Wort „Stil“. In so vielen verschiedenen Zusammenhängen wird „Stil“ oft als Gegensatz zu „Substanz“ verwendet. Zum Beispiel: „Diese Führungskraft hatte mehr Stil als Substanz.“ 

Zunehmend stellen jedoch die fundiertesten Überlegungen zu effektiver Führung unsere gesamte Vorstellung von „Führungsstil“ auf den Kopf. 

Heute verstehen wir, dass es beim „Führungsstil“ um viel mehr geht als um Auftreten und Erscheinungsbild. Die Definitionen von Führungsstil variieren und umfassen eine breite Palette von Ansätzen und Denkweisen. 

Einige definieren Führungsstil als die Verhaltensweisen, die eine Führungskraft bei der Erfüllung ihrer Aufgaben an den Tag legt. Andere konzentrieren sich mehr auf den Umgangston oder das Ausmaß, in dem eine Führungskraft die Menschen, die sie führt, lenkt bzw. ihnen erlaubt, selbstständig zu handeln. 

Die effektivsten Führungsstile beinhalten eine Kombination aus zwischenmenschlichen und emotionalen Kompetenzen, die mit fundiertem Fachwissen einhergehen, um das Beste aus den Menschen herauszuholen, die man leitet. 

Mit anderen Worten: Es geht nicht um Substanz STATT Stil, sondern um die effektive Verbindung von Substanz UND Stil. 

Seit wann ist der Ausdruck „Führungsstil“ ein Begriff? 

Viele Wissenschaftler führen das moderne Konzept von Führungsstil auf den deutschen Psychologen Kurt Lewin zurück. Dieser und eine Handvoll anderer zeitgenössischer Forscher begannen, sich nicht nur mit den Eigenschaften zu befassen, die gute Führungskräfte haben sollten, sondern auch mit der komplexeren Frage, wie Führungskräfte denken und auf die verschiedenen Herausforderungen reagieren, mit denen sie konfrontiert werden. 

Lewin und seine Kollegen Ronald Lippitt und Ralph White veröffentlichten 1939 in der Zeitschrift Journal of Social Psychology einen bahnbrechenden Artikel über Führungsstile. Dafür wurden mehrere Gruppen von 10-jährigen Jungen bei verschiedenen Aktivitäten beobachtet, die von einem Erwachsenen geleitet und beobachtet wurden, der einen von drei Führungsstilen übernommen hat: autoritär (Führungskräfte geben den Menschen, die sie leiten, Aufgaben und Lösungen vor); demokratisch (Lösungen werden durch Beratungsverfahren und unter Leitung der Führungskraft gefunden) und laissez-faire (Arbeit wird ohne Anleitung oder Beteiligung einer Führungskraft durchgeführt).

Der Zweck der Studie bestand zwar darin, festzustellen, welcher Führungsstil am ehesten zu aggressivem Verhalten führt, doch haben die Ergebnisse und Definitionen dieser verschiedenen Führungsstile Generationen von Wissenschaftlern und Experten auf dem Gebiet der Führungsentwicklung beeinflusst. 

Diese frühe Arbeit veranlasste Generationen von Psychologen und Personalern, ihre eigenen Ansichten über die drei Hauptführungsstile darzulegen. Das Ergebnis war – gelinde gesagt – ziemlich überwältigend. 

Man in a meeting.

Wie viele verschiedene Führungsstile gibt es? 

Bei der Durchsicht der unzähligen Inhalte zum Thema Führungsstil, die heute zur Verfügung stehen, kann man leicht den Überblick verlieren. So findet man zum Beispiel auf Amazon buchstäblich Tausende von Büchern – ja Tausende –, die sich mit dem Thema Führung und Führungsstile befassen. Einige wurden von selbsternannten Führungsexperten verfasst, andere von tatsächlichen Führungskräften. Einige stammen von Gurus, die die Führungsstile von tatsächlichen Führungskräften interpretieren. 

Der Haken an der Sache ist, dass die meisten dieser Bücher nur dazu dienen, eine unausweichliche Wahrheit in der Führungsstil-Industrie zu beweisen: Fast jeder hat Zugang zu einem Synonymwörterbuch. Man bedenke nur all die Variationen von Lewins, Lippitts und Whites ursprünglichen drei Führungsstil-Kategorien, auf die wir bei einer fünfminütigen Google-Recherche gestoßen sind: 

  • affiliativ 

  • authentisch 

  • agil 

  • wertschätzend 

  • autoritär 

  • autoritativ 

  • bürokratisch 

  • charismatisch 

  • zwangsorientiert 

  • coachend 

  • beratend 

  • überzeugend 

  • dienend 

  • strategisch 

  • situativ 

  • transaktional 

  • transformational 

  • laissez-faire 

Aus semantischer Sicht kann man bei einigen dieser Begriffe leichte Bedeutungsunterschiede erkennen. In der Praxis jedoch führt die Aufspaltung der drei von Lippitt und White definierten Hauptstile – autoritär, demokratisch und laissez-faire – in eine endlose Anzahl von Unterkategorien eher zu Verwirrung bei den Führungskräften, als dass sie darüber Klarheit erlangen, welche(n) Stil(e) sie anwenden sollten. 

Zum Glück können uns einige der Meinungsführer in diesem Bereich helfen, uns einen Überblick über das Chaos zu verschaffen. 

Dem ganzen Unsinn zum Thema „Führungsstil“ einen Sinn abgewinnen 

Um das Thema Führungsstile wirklich verständlich zu machen, gibt es eine Reihe von Quellen, die jeder zurate ziehen sollte. Der erste Schritt für jede Führungskraft auf der Suche nach dem Geheimnis eines effektiven Führungsstils ist eine Auseinandersetzung mit dem Thema „emotionale Intelligenz“. 

Dieser Begriff, der in den 1950er Jahren von Psychologen geprägt wurde, steht heute zu Recht an erster Stelle jeder Diskussion über einen effektiven Führungsstil. Nachdem der Begriff 40 Jahre lang in akademischen Kreisen kursiert war, erlangte er 1995 mit der Veröffentlichung des Bestsellers „Emotional Intelligence – Why it can matter more than IQ“ („EQ. Emotionale Intelligenz“) des Psychologen Daniel Goleman auch in der Geschäftswelt an Bedeutung.  In diesem Buch stellt Goleman eigene Forschungsarbeiten vor und analysiert die Daten anderer Experten. Dabei kommt er zu dem Schluss, dass alle Führungskräfte über vier wesentliche, auf Emotionen basierende Kompetenzen verfügen sollten: Selbstwahrnehmung, Selbstregulierung, Motivation, Einfühlungsvermögen und soziale Kompetenz. 

Im Anschluss an sein Buch veröffentlichte Goleman eine Reihe einflussreicher Artikel in der Harvard Business Review: What Makes a Leader (erstmals erschienen 1998) und Leadership that Gets Results (2000). Wer auf der Suche nach einer praxisorientierten Definition des Begriffs „Führungsstil“ ist, wird feststellen, dass es Tausende von Verweisen auf Golemans Arbeit allgemein und speziell auf diese beiden Artikel gibt. 

Was also ist laut Goleman der beste Führungsstil? Vorsicht, das ist eine Fangfrage, denn wie Goleman in HBR so wortgewandt erklärt, lautet die richtige Antwort: alle genannten Stile, aber zum richtigen Zeitpunkt und im richtigen Maß. 

Vor allem deuten die Forschungsergebnisse darauf hin, dass die Führungskräfte mit den besten Ergebnissen sich nicht nur auf einen Führungsstil verlassen: „Sie setzen in einer normalen Woche die meisten von ihnen ein – nahtlos und in unterschiedlichem Maße, je nach Geschäftssituation“, schrieb er im Jahr 2000. „Stellen Sie sich die Stile als eine Reihe von Schlägern in der Tasche eines Golfprofis vor. Im Laufe eines Spiels wählt der Profi die Schläger entsprechend den Anforderungen des jeweiligen Schlags aus. Manchmal muss er über seine Wahl nachdenken, aber normalerweise passiert das ganz automatisch. Der Profi erkennt die bevorstehende Herausforderung, holt schnell das richtige Werkzeug heraus und setzt es elegant ein. So arbeiten auch erfolgreiche Spitzenkräfte.“ 

Goleman unterscheidet sechs grundlegende Führungsstile, von denen einige positiv und andere negativ ausgerichtet sind. Allerdings stellte er fest, dass seinen eigenen Untersuchungen zufolge nur die vier positiven Führungsstile zu Ergebnissen führen: autoritativ, demokratisch, affiliativ und coachend. Goleman definiert diese vier Stile folgendermaßen: 

Autoritative Führungskräfte können die Menschen, die sie führen, für ein gemeinsames Ziel mobilisieren. Sie zeichnen sich durch ein hohes Maß an Selbstvertrauen und Einfühlungsvermögen aus. Dieser „Komm mit mir“-Führungsstil kommt am besten zur Anwendung, wenn Veränderungen anstehen und neue Visionen oder Richtungsänderungen erforderlich sind. 

Demokratische Führungspersönlichkeiten schaffen Konsens durch Beteiligung. Sie legen Wert auf Zusammenarbeit und effektive Kommunikation. Dieser „Was hältst du davon?“-Stil eignet sich perfekt für Situationen, in denen man einen Konsens erreichen oder die allgemeine Unterstützung der Mitarbeitenden einholen muss.

Affiliative Führungskräfte konzentrieren sich darauf, Harmonie und starke emotionale Bindungen zwischen den Mitarbeitenden zu schaffen. Dieser „Der Mensch steht an erster Stelle“-Ansatz ist von einem gesunden Maß an Einfühlungsvermögen und Mitgefühl geprägt. Dieser Ansatz eignet sich hervorragend, wenn es darum geht, eine Kluft in einem Team zu überwinden oder Mitarbeitende in Krisenzeiten zu motivieren. 

Coachende Führungskräfte haben stets die Förderung von Talenten für heute und morgen im Blick. Dieser „Versuchen Sie das mal“-Stil erfordert Selbstvertrauen, Einfühlungsvermögen und die Bereitschaft, als Katalysator für Veränderungen zu fungieren. Er kommt am besten zur Anwendung, wenn eine Organisation einen bedeutenden Wandel durchläuft. 

Laut Goleman zeigen eine Vielzahl von Untersuchungen, dass Führungskräfte, die diese vier Stile beherrschen, die besten Gesamtergebnisse im Unternehmen erzielen. „Solche Führungskräfte passen ihren Stil nicht mechanisch an eine Checkliste von Situationen an – sie sind viel flexibler“, schrieb er in HBR. „Sie nehmen die Wirkung, die sie auf andere haben, sehr genau wahr und passen ihren Stil nahtlos an, um die besten Ergebnisse zu erzielen.“ 

Ein Stil, der alle dominiert? 

Ungeachtet der praktischen Logik eines Ansatzes, der „alle oben genannten“ Führungsstile berücksichtigt, vertreten andere Experten auf diesem Gebiet – von denen einige frühere Studien durchgeführt haben, die Golemans Arbeit zugrunde lagen – die Ansicht, dass einer der von ihm beschriebenen Stile das Geheimnis sein könnte, mit dem sich das Potenzial einer Organisation freisetzen lässt: Coaching. 

David McClelland, ein früher Vertreter von Theorien zur emotionalen Intelligenz, der von der American Psychological Association zu einem der einflussreichsten Psychologen des 20. Jahrhunderts ernannt wurde, kam durch seine eigenen Untersuchungen zu dem Ergebnis, dass CEOs, von denen viele die erfolgreichsten Unternehmen der Welt führten, fast immer eine Coaching-Mentalität an den Tag legten. 

Die Untersuchungen von McClelland und anderen, die sich an seinem Denken orientieren, haben ergeben, dass „die allerbesten CEOs den Ansatz von ‚Coaching und Miteinbeziehung‘ deutlich häufiger anwenden als ihre Kollegen.“ 

Goleman hat ausführlich über den Coaching-Führungsstil geschrieben und festgestellt, dass er zwar mit überdurchschnittlichen Leistungen in Verbindung gebracht wird, die Forschung aber zeigt, dass er am seltensten zum Einsatz kommt. „Viele Führungskräfte sagten uns, dass sie heutzutage angesichts des hohen Drucks im Geschäftsleben keine Zeit dafür haben, anderen etwas beizubringen und sie bei ihrer Weiterentwicklung zu unterstützen.“ 

Goleman stellte jedoch fest, dass Führungskräfte, „die diesen Stil ignorieren, auf ein wirkungsvolles Hilfsmittel verzichten, dessen Auswirkungen auf das Betriebsklima und die Arbeitsleistung ausgesprochen positiv sind.“ 

Schlussfolgerung 

Es gibt eindeutig keinen bestimmten Führungsstil, der für alle Situationen geeignet ist. So wie Profisportler zeigen müssen, dass sie fähig sind, verschiedene „Spieltechniken“ einzusetzen, müssen auch Führungskräfte in der Lage sein zu demonstrieren, dass sie angesichts unterschiedlicher Herausforderungen eine Reihe verschiedener Stile anwenden können. Und dass im Allgemeinen positivere Führungsstile, die eher positive als negative Ansätze beinhalten, wahrscheinlich bessere Ergebnisse erzielen. 

Und schließlich scheint es sicher zu sein, dass eine Coaching-Mentalität ein wesentlicher Bestandteil der Ansätze ist, die alle Führungskräfte einsetzen können müssen, wenn die Situation es erfordert. 

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